Neues Jahr – neues Glück?! Sind gute Vorsätze wirklich ratsam?

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Gute Vorsätze gehören für viele zum Jahresbeginn wie der Gänsebraten zum Weihnachtsessen. Bei den meisten dreht es sich dabei um mehr Sport und eine gesündere Ernährung. Doch ist es wirklich ratsam und zielführend, sich mit diesen Vorsätzen selbst unter Druck zu setzen? Im Interview erzählt uns Personal Trainerin Ulli Lessmeister-Aschenbrenner, welche Erfahrung Sie selbst mit Neujahrsvorsätzen hat und wie sie ihre Kunden als Wegbegleiterin unterstützt.

  1. Als erfahrene Personal Trainerin bist Du ja das ganze Jahr über aktiv. Setzt Du Dir selbst irgendwelche sportlichen Ziele für das neue Jahr?

In meiner Jugendzeit habe ich mir zum neuen Jahr schon öfters Ziele gesetzt. Heute mache ich das grundsätzlich nicht mehr. Wenn ich etwas verändern will, nehme ich mir das sofort vor und gehe das Ziel Stück für Stück an. Dafür braucht es meiner Meinung nach keinen bestimmten Termin. 

  1. Bist Du schon mal an Deinen Vorsätzen gescheitert und warum? 

Ja, das ist mir auch schon mal passiert. Ich wollte einen Halbmarathon in einer bestimmten Zeit laufen und habe das damals nicht geschafft. Der Grund für das Scheitern (wenn man es denn als solches bezeichnen will) war, dass mein Ziel einfach zu hochgesteckt war. Ich hatte damals das Wissen für das richtige Training noch nicht und meine Trainingspläne waren aus heutiger Sicht einfach falsch. 

  1. Warum scheitern so viele Menschen daran?

Ich glaube, dass viele Menschen ihre Vorsätze nicht einhalten, weil sie sich von heute auf morgen zu viel auf einmal vornehmen. Hier sind kleine Schritte viel wichtiger. Es heißt nicht umsonst „der Mensch ist ein Gewohnheitstier“. Veränderungen sollte man also Step by Step in den Alltag integrieren, damit sie zur Gewohnheit werden. Nach meiner Erfahrung muss man schon mindestens 21 Tage an einer Sache dranbleiben, sonst hat man sie nicht wirklich verinnerlicht.  

  1. Haben Deine Kunden Neujahrsvorsätze und stellt ihr entsprechende Ziele dann gemeinsam auf oder machst Du das für sie allein?

Ich erlebe es häufig, dass meine Kunden besonders zum Jahresbeginn mehr Sport treiben und sich gesünder ernähren wollen. Insgesamt sind das sehr gute Vorsätze, die ich auf jeden Fall unterstütze. Oftmals muss ich die Klienten dann aber eher etwas bremsen, denn viel bringt nicht immer auch viel. Ich erwähne hier gerne das „Hustensaftprinzip“. Denn eine ganze Flasche Hustensaft auf einmal, wird meinen Husten nicht schneller heilen, da muss ich mich schon an die vorgegebene Dosis halten. Genauso ist es auch beim Sport und der Ernährung. Bei den Neujahrsvorsätzen und Zielen meiner Kunden sehe ich es als meine Aufgabe, die Dosis zu bestimmen und die Motivation zur Einnahme hochzuhalten, auch wenn die Medizin mal nicht schmeckt. 

Daher ist es auch absolut notwendig, dass wir die Ziele gemeinsam setzen und fortlaufend entwickeln. Im Laufe des gemeinsamen Trainings finden sich neue Ziele auch ganz von selbst, denn es ändern sich die Bedürfnisse und eben die Gewohnheiten. Auf dieser Reise bin ich für meine Kunden Coach und Wegbegleiter. Das ist es auch, was ich an meinem Beruf so sehr liebe. 

  1. Wie schafft man es, die nötige Disziplin für das Erreichen der persönlichen Ziele aufzubringen?

STEP BY STEP. Wenn man langfristig etwas erreichen will, müssen sich mehr Bewegung und eine gesündere Ernährung im Alltag etablieren und zur Gewohnheit werden. Das gelingt meist nicht dauerhaft, wenn man von heute auf morgen alles anders macht. Hierfür braucht es kleine Schritte und realistische Ziele, die man auch tatsächlich erreichen kann. Hat man ein Ziel erreicht, darf man sich dann auch dafür belohnen, zum Beispiel mit einem Paar neuer Sportschuhe oder einem schönen Wellness-Tag. Das liefert dann gleich die Motivation für den nächsten Schritt. Außerdem helfen oft feste Termine im Kalender und immer der Blick nach vorn, auf das, was man erreichen will. 

  1. Was kann man tun, wenn das eigene Umfeld bei den Veränderungen nicht mitmacht (Familie will trotzdem Süßigkeiten naschen, Freunde halten einen für langweilig, weil man keinen Alkohol trinkt…)?

Grundsätzlich ist das soziale Umfeld elementar für das Erreichen der eigenen Ziele. Daher ist es auch sehr wichtig, wie man mit solchen Situationen umgeht. Aber das Gute ist, man hat es selbst in der Hand. Bei einem Familienessen kommen meist alle wesentlichen Komponenten einer Mahlzeit auf den Tisch. Man kann ja selbst wählen, wieviel Gemüse, Fleisch oder Soße man isst. Hier ist es auch schön, wenn Erwachsene für Kinder eine Vorbildfunktion einnehmen und sie von klein auf lernen, dass unser Essen eine große Auswirkung auf das Wohlbefinden hat. Und wenn Alkohol und Süßes nicht zur alltäglichen Ernährung gehören, dann kann man das Gläschen Wein oder das Stück Kuchen mit Freunden und Familie in gemütlicher Runde auch besonders genießen. Dann ist es auch wichtig, dass man dies tut, denn solche Genussmomente sind wichtig für die langfristige Motivation. 

  1. Macht es aus Deiner Sicht Sinn, sich Vorsätze oder Ziele genau für das neue Jahr vorzunehmen?

Nein! Wenn ich etwas in meinem Leben optimieren möchte, warum muss ich dann auf den 1.1. warten? Meist hat man das Vorhaben ja auch schon länger im Kopf, warum also abwarten und nicht direkt damit starten? Auch hier kann ich nur die kleinen Schritte noch einmal wiederholen. Wenn ich mich mehr bewegen möchte, kann ich doch einfach mit kleinen Spaziergängen anfangen oder einige Wege mal zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen, statt mit dem Auto zu fahren. Es braucht keinen besonderen Anlass oder ein bestimmtes Datum, um etwas zu verändern. Der richtige Zeitpunkt ist nur genau JETZT.

  1. Es gibt ja auch zahlreiche Social Media Challenges (30 Tage ohne Zucker, dryjanuary, Tiny Waist Challenge), die besonders zum neuen Jahr immer wieder aufleben. Was hältst Du davon?

Wenn solche Challenges gesundheitlich unbedenklich sind, finde ich sie völlig ok. Ich habe selbst mal bei einer 30 Tage Seilspring-Challenge teilgenommen, fand es aber wichtig, mich davon nicht unter Druck setzen zu lassen. Es gibt Menschen, denen fällt es durch solche Aktionen leichter, Dinge mal einfach auszuprobieren oder sich selbst zu fordern. Im Optimalfall ist eine solche Challenge dann bestärkend und man findet vielleicht sogar eine nette Community und hat Spaß an der Aufgabe. Dienen die Herausforderungen der Unterhaltung und Motivation finde ich sie gut, sind es wirkliche Mutproben oder gefährden sie sogar die Gesundheit, dann kann ich nur davon abraten. 


Nach unserem Interview hat Ulli gleich den nächsten Termin mit ihrem Kunden Lars K. Der 35-Jährige trainiert seit fast zwei Jahren mit ihr. Wir haben das Treffen genutzt und auch ihn zu seinen Neujahrsvorsätzen befragt. 

  1. Setzt Du Dir zu Jahresbeginn irgendwelche Ziele und wenn ja welche?

Durch meinen Beruf habe ich zum Jahresbeginn sehr viele geschäftliche Herausforderungen und Ziele, die ich erfüllen muss. Um mich keinem unnötigen Druck auszusetzen, habe ich mir daher keine besonderen sportlichen Ziele gesetzt. Durch das Coaching von Ulli entsteht automatisch über das ganze Jahr hinweg eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Da brauche ich keine Sportvorsätze zu Jahresbeginn. 

  1. Nimmst Du Dir sportliche Ziele allein vor oder mit deiner Partnerin/Familie/Freunden?

Ich habe das Glück, dass auch meine Frau mit Ulli trainiert. Im Bereich Ernährung haben wir gemeinsame Ziele, die wir mit der Unterstützung unserer Personal Trainerin Schritt für Schritt angehen. So essen wir aus beruflichen Gründen zum Beispiel oft in Restaurants. Ulli hat uns geholfen, entsprechende Restaurants auszuwählen und die Speisekarte im Vorfeld zu checken. Das macht eine ausgewogene und gesunde Ernährung dann vor Ort für uns wesentlich leichter. 

  1. Wie unterstützt Dich Ulli dabei, deine persönlichen Ziele zu erreichen?

Durch häufige Gespräche und einen regelmäßigen Austausch. Sie ist eben nicht nur Trainerin, sondern vielmehr auch Coach. Ihre Tipps und Ratschläge nehme ich gerne an, besonders auch im Bereich der Ernährung. So mancher Rezeptvorschlag von Ulli ist inzwischen zum Lieblingsessen meiner Familie geworden. Das Verhältnis ist vertrauensvoll und freundschaftlich, ich finde, das macht auch den Unterschied zum klassischen Training im Fitnessstudio. 

  1. Bist Du schon mal an Deinen Vorsätzen gescheitert und warum?

Oh ja, das kenne ich. Da gab es schon die ein oder andere Es(s)kalation (lacht). Aber durch die Zusammenarbeit mit Ulli habe ich gelernt, dass ich mich davon nicht unterkriegen lasse. Ein guter Personal Trainer holt einen auch schnell aus einem solchen Tief wieder raus. Am Ende hilft dann einfach nur „Haken dran“ und weiter geht’s. 


 

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